Lützerath bleibt!

Veröffentlicht am 08.02.2023 in Pressemitteilungen

Die Räumung und der Abriss von Lützerath beschäftigen unser ganzes Land. Zu Recht, denn es geht hier um Themen, die uns alle angehen. Die Räumung von Lützerath allein wird nicht über unsere Zukunft entscheiden.

Unser Umgang mit der Räumung und die Debatte über die Kohle unter Lützerath sind aber wegweisend dafür, wie wir mit unserer Zukunft umgehen. Sie sind wegweisend dafür, wie wir mit wissenschaftlichen Berichten umgehen wollen.

Bei der Frage, ob die Kohle unter Lützerath für die Energiesicherheit notwendig ist, zitieren beide Seiten Studien, die zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Was wir brauchen, ist eine wissenschaftlich fundierte Debatte, ob die Aussagen der Regierung in NRW und von RWE selbst, die Kohle unter Lützerath sei zur Gewährleistung der Energieversorgung notwendig, standhalten. Selbst das DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) übt Kritik und sagt, dass die Kohle unter Lützerath für den "Braunkohlestrombedarf [...] nicht notwendig" ist. Die unterschiedlichen Annahmen hinter diesen konträren Einschätzungen müssen transparent gemacht werden; nur dann ist eine politische Debatte über die Angemessenheit möglich. Wir als Gesellschaft müssen uns sehr genau überlegen, in welchen Bereichen wir das wenige CO2, das wir uns überhaupt noch leisten können, wirklich ausstoßen müssen. Die fragwürdige Relevanz der Kohle unter Lützerath für die Energiesicherheit bietet aus unserer Sicht keine legitime Grundlage, diese Kohle abzubauen und zu verbrennen.

Lützerath ist wegweisend dafür, wie wir mit kritischen Ressourcen umgehen wollen. Die Demonstrant:innen in Lützerath stellen an uns alle die berechtigte Frage, ob dieser Ort und die Kohle unter ihm mit ihrer eindeutigen Relevanz für unser aller Zukunft jemals an einen Konzern hätte freigegeben werden dürfen. Dieser Ort ist auf dem Papier Privatgelände, aber er hat Bedeutung für uns alle. Der eingeschränkte Pressezugang ist für uns Jusos Karlsruhe aus diesem Grund inakzeptabel.
Wir sagen: Was in Lützerath passiert, muss der Öffentlichkeit zugänglich sein!

Lützerath ist wegweisend dafür, wie wir mit Protesten in unserer Demokratie umgehen wollen. Die Bilder vom gewaltvollen Vorgehen der Polizei in Lützerath, die Berichte, dass Sanitäter:innen der Zugang verwehrt wird, sind für uns schockierend. Für uns Jusos Karlsruhe ist klar, dass es in unserer Demokratie Raum geben muss für den friedlichen Protest in Lützerath, sicheren Raum, in dem das gesundheitliche Wohl der Beteiligten nicht fahrlässig gefährdet wird.
Wir fordern freien Zugang für alle Sanitäter:innen und eine rigorose Aufklärung von Fällen von Polizeigewalt!

Und Lützerath ist wegweisend dafür, wie wir mit Klimaaktivismus umgehen wollen. RWE nennt in seiner Stellungnahme im August letzten Jahres als einen der Gründe gegen den Erhalt von Lützerath "Keine Befriedung: Es entstünde eine Motivation zu weiteren Blockaden. Damit zusätzliche Unsicherheiten bei der weiteren Tagebauführung". Dabei wird ein Bild von Klimaaktivisten gezeichnet, das auch in der Diskussion um die Aktionen von "Letzte Generation" oft aufkommt: Als wären Klimaaktivisten trotzige Einzelpersonen, die nur immer Absurderes fordern würden, wenn man sie denn gewähren ließe und nicht etwa, als würden sie lediglich etwas fordern, worauf auch das Bundesverfassungsgericht einen Anspruch begründet sieht.

Dieses Bild ist für uns Jusos Karlsruhe in seiner Verallgemeinerung falsch, vor allem aber auch gefährlich für unseren Umgang mit der Klimakatastrophe: Aktivismus wie der der Letzten Generation und die Besetzung von Lützerath sind keine Erpressung der Allgemeinheit, sondern ein Appell an sie: Die ehrliche Frage, ob unser aktueller Umgang mit der Klimakatastrophe wirklich in unser aller besten Interesse ist. Der Erhalt oder Verlust von Lützerath wird andere Blockaden weder fördern noch verhindern, denn sie geschehen nicht aus Trotz. Wir fordern einen Abrissaufschub und eine ehrliche Debatte über die Notwendigkeit des Abrisses von Lützerath, statt einer Scheindebatte darüber, ob man Klimaaktivismus nachgeben darf oder nicht.

Wir Jusos Karlsruhe zeigen uns solidarisch mit den Menschen in Lützerath. Sie fordern unsere Gesellschaft zu einer Diskussion über den Braunkohleausstieg heraus, die wir führen müssen. Für uns alle, für unsere Zukunft.
 
 

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